Emma Struchen

Ihr ist es zu verdanken, dass Biel den heutigen Stadtpark hat, ansonsten würde hier nun ein Sportplatz stehen.

Hauptverantwortlich für unseren Stadtpark, dass er noch immer vorhanden ist. Dafür ist einzig und alleine eine Frau, welche an einem schönen Mai-Abend im Jahre 1932 wie fast jeden Abend noch einen kleinen Spaziergang im Park machte.

Die damals 35 Jährige Emma Struchen,(in einem Interview dem Bieler Tagblatt 1976 entnommen)sah Profil – Pflöcke im Park eingeschlagen. << ich fragte den zufällig anwesenden Stadtgärtner Gerster, was das zu bedeuten habe.>>Die Antwort des Stadtgärtners konnte die Damenschneiderin kaum fassen:<<Ja wissen Sie denn nicht,>>sagte der Stadtgärtner bedrückt,<<dass ich diese Bäume hier alle umholzen muss? Es gab doch eine Abstimmung, es sollen hier ein Sportplatz und Garderoben gebaut werden. Morgen muss ich beginnen, man drängt mich. Aber glauben Sie mir, es dreht mir das Herz um, all die schönen Bäume. Und niemand wehrt sich, das ist doch eine Schande>>.

Ein mutiger Brief

Emma Struchen drehte es nicht nur das Herz um. Sie wehrte sich. Noch am gleichen Abend schrieb Sie:<<Wir haben in Biel einen wundervollen Park. Es ist der alte Friedhof an der Logengasse. Wer ihn noch nicht aufgesucht hat, der soll sich einmal hinbemühen, und ich bin überzeugt, er geht immer wieder.

Die alten Bäume, der Rasen, die Blumen, die Gepflegtheit des Ganzen, die wohltuende Ruhe, alles erfreut den Besucher. Jetzt soll ein Teil dieses Parkes in einen Spiel – und Sportplatz für Schulen und Vereine umgewandelt werden. Bäume müssen fallen, Turngeräte kommen herein, Lärm und Geschrei wird ertönen.Muss man unbedingt im Stadtzentrum einen Park zerstören, der für viele Quartiere der einzige Grünplatz ist und um den uns viele Fremde beneiden?

Was sagen die Frauen und Mütter dazu, die ihn im Sommer täglich mit ihren Kindern besuchen, was die alten, ruhebedürftigen Leute und alle, die den Sonntag dort verbringen, was der Naturschutzverein, wenn er weiss, wie viele Bäume gefällt werden sollen? Hat das Publikum, das bekanntlich auch Steuern bezahlt, nicht das Recht, einmal seine Wünsche in den Vordergrund zu stellen?..
Männer und Frauen der umliegenden Quartiere und alle regelmässigen Besucher des Parks, wehrt euch, so lange noch Zeit ist. In 3 – 4 Wochen könnte es zu spät sein. In diesen Park gehört kein Sportplatz>>. Die pure Empörung führte Emma Struchen die Feder:<<Das war unglaublich, ich konnte das kaum fassen>>.

Sie schrieb bis drei Uhr früh an ihrem Brief.

Weil sie am anderen Morgen auswärtige Kundschaft besuchen musste, bat Sie eine befreundete Lehrerin, den Artikel auf den Redaktionen der drei Bieler Zeitungen abzugeben(neben dem <<Bieler Tagblatt>> gab es damals noch den zweisprachigen <<Express>> und die <<Volksstimme>>).

....viele Echos...

Der Aufruf zum Schutz des Stadtparks erschien in allen drei Blättern. Und auch die Echos kamen. Zum Beispiel ein anonymer Telefon Anruf :  <<Hier sprechen zwei Turner: Sie sind eine Sautrucke>>. Oder die Antwort des damaligen Baudirektors Schaub, den sie um Hilfe bat
  <<Wenn's nach mir ginge, kämen alle Bäume weg. Die Leute suchen heute Sonne, und nicht Schatten!>> (heute suchen fast alle Schatten)

Aber vor allem gab es positive Reaktionen. Viele männliche Bieler hatten offensichtlich nicht gewusst, dass sie bei der Gemeindeabstimmung über den Bau der Logengass-Turnhalle gleichzeitig das Todesurteil für die Stadtpark – Bäume in die Wege leiteten. Und die Frauen hatten damals noch kein Stimmrecht und waren deshalb – wie Emma Struchen – über die geplante Stadtpark – Zerstörung nicht informiert.

....und eine Petition

Der Dufourstrasse – Leist und der Verschönerungsverein nahmen sich der Sache an. Es wurde eine <<Eingabe>>(Petition) lanciert und mit 3318 Bürger – Unterschriften auf der Stadtkanzlei deponiert. Emma Struchens Appell hatte eine Widerstands – Lawine in Bewegung gesetzt.

Man liess den Plan eines Sportplatzes im Stadtpark fallen. Die Bäume blieben stehen.

Und stehen noch heute zum Teil. Der Zahn der Zeit nagte an einigen Bäumen und nagt immer noch. Aus Sicherheitsgründen mussten in den letzten Jahren Bäume weichen ,sie schufen aber Platz für junge interessante und vor allem blühende Bäume.

Bescheiden im Hintergrund

Mit einem Blumenarrangement vom kurz darauf in Pension gegangenen Stadtgärtner Gerster, sowie einem weiteren Anfang der 70 er Jahre, erhielt Fräulein Struchen keine weitere Anerkennung:<<Ich habe auch keine erwartet. Dass der Stadtpark erhalten blieb, war und ist mir Lohn genug. Jeden Tag freue ich mich an den Bäumen, und ich weiss nicht, wieviele Kinder ich gesehen habe, die auf dem Rasen des Stadtparks gehen lernten>>.

Es wurde Emma Struchen der Vorwurf gemacht, Sie habe sich für den Stadtpark eingesetzt, weil Sie gleich gegenüber wohnte. Aber egoistische Motive kann Sie mit Grund bestreiten: Der Sportplatz hätte am anderen Ende des Parkes entstehen sollen, die Bäume vor ihrem Fenster wären stehen geblieben.

Ihr ging es nicht um den eigenen Vorteil, sondern um die Allgemeinheit:<<Ich sah, wie die Leute an diesem Park Freude hatten>>.Sie wehrt sich noch heute, dass ihre erfolgreiche Rettungsaktion von damals publik gemacht wird.

Und ein Photo von sich, der Stadtpark – Retterin, will Sie um keinen Preis in der Zeitung sehen.

2010 Stadtpark 50

die unterste Wohnung, hier wohnte Emma Struchen - sie wehrte sich auch erfolgreich davor dass ein Baum vor Ihrem Fenster gepflanzt wurde.